Ein neuer Tag im (Birds-)Paradise
Zwei Monate nach meinem ersten Besuch im Januar 2024 beschloss ich, den Federtieren am Birdsparadise Gleißental wieder einen Besuch abzustatten. Glücklicherweise ergatterte ich einen kurzfristigen Termin und kutschierte früh morgens ins südliche Münchner Hinterland, wo sich das Gelände mit samt Vogelbeobachtungshütte befindet.
Insgeheim hoffte ich, das Ehepaar Gimpel dieses Mal vielleicht vor die Linse zu bekommen, denn sowohl Frau als auch Herr Gimpel hatten das letzte Mal keinerlei Ambitionen, sich fotografieren zu lassen. Man sollte ja nie mit einer konkreten Vorstellung an einen derartigen Ansitz gehen, denn so ein Vogel macht natürlich nicht unbedingt das, was der Mensch gerade gerne hätte. Ein bisschen Träumen darf man aber...
Angekommen an der Hütte, schaffte ich also meine Kameraausrüstung, Proviantrucksack und allen weiteren Klimbim hinein und öffnete die Fenster, um einen ersten Überblick zu bekommen, was die Betreiber des Birdsparadise in der Zwischenzeit für Veränderungen vorgenommen hatten. Oft wird neu dekoriert, so daß es nicht langweilig wird. Weder für die gefiederten-, noch für die ungefiederten Besucher.
Gerade als ich mich umdrehte, um die Kamera aus dem Rucksack zu holen, sah ich im Augenwinkel einen roten Federball auf einem der Ansitzäste sitzen. Ein Gimpel? Der Vogel war allerdings so schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war und so war ich mir nicht ganz sicher. Soviel Glück kann man ja garnicht haben. Vielleicht war es auch ein dicker Buchfink, der ebenfalls recht farbenfroh daherkommen kann.
Nach kurzer Zeit hatte ich mich schließlich eingerichtet, saß samt Frühstücksbrötchen endlich an meinem Beobachtungsplatz und guckte gespannt ins Grüne. Mir wäre fast mein Frühstück aus der Hand gefallen, als sich doch tatsächlich als erster Kandidat Herr Gimpel vor meiner Kamera platzierte. Also doch kein Buchfink!
Nun war ich natürlich gespannt, ob sich auch die dazugehörige Dame blicken lassen wird. Sie ist von ihrem Männchen gut zu unterscheiden,
denn sie trägt ein deutlich unauffälligeres Federkleid. Das schwarze Köpfchen und den markanten Schnabel hat sie allerdings ebenfalls, so daß sie ihrem Männchen gut zuzuordnen ist.
Nach kurzer Zeit konnte ich sie auch schon sichten. Genau wie ihr Männchen, zeigte sie sich an diesem Tag überhaupt nicht scheu und ich war schon am frühen Morgen total aus dem Häuschen :)
Kurze Zeit nachdem die Gimpel wieder im Gebüsch verschwunden waren, tauchte eine Horde Stare auf. Sie fielen buchstäblich über die Futterstellen her und mischten den Laden erstmal mächtig auf. Meisen und Buchfinken stoben davon und vorübergehend war das Gelände fast ausschließlich von den frechen Staren bevölkert. Stare sind auf den ersten Blick leicht mit Amseln zu verwechseln, denn sie sind ähnlich groß und wirken meistens unauffällig schwarz.
Bei genauem Hinsehen erkennt man aber, daß es sich um sehr farbenfrohe Vögel handelt, die im Sonnenlicht in vielen Farben schillern. Außerdem sind Stare dafür bekannt, Geräusche zu imitieren. Dabei vergnügen sich die Vögel nicht nur als Vogelstimmenimitatoren, sondern ahmen auch gerne mal einen Rasenmäher, einen Hund oder Handy-Klingeltöne nach.
Ich hatte jedenfalls meinen Spaß mit den Krawallbrüdern, die allerdings nicht lange blieben. Nachdem sie sich die Bäuchlein mit allerlei Futter vollgeschlagen hatten, flatterten sie als geschlossene Gesellschaft davon. So kehrte schnell wieder Ruhe ein und die Bewohner des Waldes kamen nach und nach zurück.
Gegenüber, am Waldrand, entdeckte ich einen kleinen Vogel, den ich, wie vorher schon im Fall des Gimpels, für einen Buchfink hielt. Doch als ich beschloß, mir das Tierchen genauer anzuschauen, erkannte ich zu meinem Erstaunen, daß es sich um eine Bergfinkdame handelte. Bergfinken sieht man bei uns nicht alle Tage, also war die Freude groß.
Ziemlich unscheinbar, im Gegensatz zu ihrem Männchen, ist das Bergfink Weibchen eher schlicht gefiedert. Es hat ein bräunliches Köpfchen, bei dem sich dunkle Streifen auf dem Oberkopf befinden. Der Rücken ist braun gefleckt und die Brust ist deutlich matter orange gefärbt als die des Männchens. Wenn es auf dem Waldboden herumhüpft, um nach Nahrung zu suchen, ist es damit perfekt getarnt. Das Männchen ist deutlich auffälliger gefiedert.
Im laufe des Tages konnte ich noch mehrere Bergfinken im Gelände sichten. Meistens wuselten sie zwischen den Buchfinken und Goldammern herum, die das reichliche Körnerbuffet am Boden in Anspruch nahmen und den ganzen Tag über vor sich hinmampften.
Gegen Mittag verließ ich die Beobachtungshütte für eine Weile und platzierte mich im Liegeversteck, das neben der Hütte zur Verfügung steht. Von dort aus kann man einen kleinen Teich, den sogenannten "Lake Birdy" einsehen, in dem die Federtiere gerne baden. Also richtete ich mich dort häuslich ein und harrte der Dinge die da kommen. Nach kurzer Zeit konnte ich schon die ersten Interessenten in den umliegenden Bäumen sichten, die die Wasserstelle von oben inspizierten. Wahrscheinlich warteten sie ab, ob die Luft wirklich rein ist.
Ich war mir nach etwa 25 Minuten dann aber schon nicht mehr sicher, ob überhaupt noch ein Badegast den Lake Birdy besuchen wird. Bisher hatte sich niemand von seiner Aussichtswarte herunterbegeben. Kurz bevor ich meine etwas unbequeme Position wieder verlassen wollte, begann dann aber ein regelrechter Vogelregen. Plötzlich fielen sie von den Bäumen wie Fallobst und tummelten sich von jetzt auf gleich zahlreich am Ufer.
Die illustre Gesellschaft bestand zunächst aus Buchfinken, die sich hüpfend der Badestelle näherten. Ich amüsierte mich köstlich über sie, denn kaum an der Wasserkante angekommen, saßen sie scheinbar ratlos davor und guckten eine ganze Weile ziemlich unschlüssig drein.
Vielleicht sonnten sie sich nur und wollten garnicht baden, wer weiß?
Bis sich schließlich jemand dazu überwinden konnte, in den Pool zu steigen, verging noch einige Zeit. Am Ende war es eine
Buchfinkdame, die sich als Erste in die Fluten stürzte.
Und wenn einer den Anfang macht, folgen viele andere. So ist das wohl auch in der Vogelwelt. Zu den nächsten Badegästen gehörten einige Goldammern, die sich zeitweise um die Plätze im Teich zankten. Als wäre nicht genug Platz für alle da. Doch eine bestimmte Stelle schien ihnen besonders gut zu gefallen, so daß es von nun an regelmäßig Streit gab.
Ein Rotkehlchen zeigte Manieren und hielt sich lange Zeit etwas im Hintergrund, obwohl man schon ahnen konnte, daß es auch Interesse an einem Bad hatte. Es äugte von seinem Ast herunter und schien sich nicht so recht ins Wasser zu trauen, solange derartig viel Betrieb im Becken herrschte.
Zwischenzeitlich platzierte es sich etwas weiter oben und trällerte mir ein Lied, was zur allgemeinen Frühjahrs-Klangkulisse beitrug. Überall um mich herum sangen die Vögel um die Wette. Ich konnte einen sehr ehrgeizigen Zilpzalp den ganzen Tag über unermüdlich "zilpzalpen" hören. Amseln, Meisen und Buchfinken machten sich lautstark bemerkbar und eine Mönchsgrasmücke übertönte gefühlt alle anderen, denn sie befand sich quasi direkt neben mir. Ich konnte sie zuerst nicht sehen, aber nach einiger Zeit verließ sie ihre unsichtbare Singwarte, holte sich einen Happen von einer Futterstelle und erschien schließlich doch noch vor meiner Kamera.
Durch die Mönchsgrasmücke abgelenkt, hätte ich dann fast das Rotkehlchen verpasst, das sich mittlerweile nun doch in den Pool begeben hatte. Ich musste lachen, als ich es so tropfnass im Wasser sitzen sah. Einfach zu niedlich :)
Leider machte am Nachmittag meine Wirbelsäule durch die Liegeposition seltsame Geräusche, so daß ich wieder in die orthopädisch deutlich vorteilhaftere Beobachtungshütte wechselte. Hier begrüßten mich zuerst wieder die Gimpel. Wie schon am Morgen, fielen sie mir als erstes ins Auge. Diesmal hielten sie sich an einer der kleinen Wasserstellen direkt vor der Beobachtungshütte auf.
Ebenfalls direkt vor der Hütte tummelten sich Blaumeisen, Tannenmeisen, Kohlmeisen, Haubenmeisen, ein Kleiber und eine Gruppe Amseln. Die Amseln flogen manchmal die Futterhäuschen an, aber meistens waren sie auf dem Boden unterwegs.
Außerdem herrschte reges Treiben an einem Totholzbaum, der direkt vor der Hütte steht. Dieser ist vor allem bei den Buntspechten sehr beliebt. Eine Spechtdame zeigte sich nicht besonders scheu und blieb sogar an ihrem Baum sitzen, als ich aus der Beobachtungshütte herausging. Ich wurde zwar, wie schon beim letzten Besuch, etwas skeptisch gemustert, aber sie ließ sich nicht weiter stören.
Der Tag verging wieder viel zu schnell und am Nachmittag zog auch noch ein Gewitter auf. Also musste ich meinen Besuch für heute beenden und machte mich langsam auf den Heimweg. Aber "nach dem Birden" ist bekanntlich "vor dem Birden" und so bin ich gespannt, was mich das nächste Mal erwartet :)
Folgende Vogelarten konnte ich bisher am Birdsparadise Gleißental beobachten:
Vögel am Birdsparadise
Kohlmeise, Haubenmeise, Tannenmeise, Schwanzmeise,
Sumpfmeise,
Weidenmeise,
Zaunkönig, Rotkehlchen, Buchfink,
Kleiber,
Goldammer, Wintergoldhähnchen, Amsel,
Buntspecht, Waldbaumläufer, Gimpel, Star, Bergfink, Mönchsgrasmücke, Eichelhäher, Blaumeise
Weiteres zur Vogelwelt am Birdsparadise findet ihr hier: BP - Januar 2024